Die Erbschaftssteuer
Wie der Fiskus miterbt
13. Januar 2012
Wenn Immobilien an die nächste Generation übertragen werden, steht neben den eigenen Kindern oder anderen Personen auch der Fiskus bereit, um sich seinen Anteil zu sichern. Darum ist es wichtig, dass Sie die Bestimmungen bezüglich der Erbschaftsteuer beziehungsweise der Schenkungsteuer zu kennen (die Regelungen sind hier nahezu identisch).
Die Steuerklassen
Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer sind im gleichen Gesetz geregelt und in der Höhe identisch. Die Erben (beziehungsweise Beschenkten) werden in drei Steuerklassen eingeteilt:
Steuerklasse | Zu dieser Steuerklasse gehören: |
---|---|
I | Ehegatte, eingetragener Lebenspartner, Kinder, Stiefkinder des Erblassers, Enkelkinder, Eltern und Voreltern bei Erwerb von Todes wegen |
II | Eltern und Voreltern bei Erwerben durch Schenkung (für Erwerbe von Todes wegen siehe Steuerklasse I), Geschwister (auch Halbgeschwister), Geschwisterkinder, Stiefeltern, Schwiegerkinder, Schwiegereltern und den geschiedenen Ehegatten. |
III | Alle Übrigen |
Bevor das zu versteuernde Erbe beziehungsweise die zu versteuernde Schenkung ermittelt wird, wird von der Gesamtsumme ein Freibetrag abgezogen. Der Freibetrag staffelt sich wiederum nach dem Verwandtschaftsverhältnis zum Schenkenden beziehungsweise Vererbenden:
Für | beträgt der Freibetrag |
---|---|
Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner | 500.000 € |
Kinder und Kinder verstorbener Kinder (Enkel des Erblassers, wenn Kind verstorben ist) | 400.000 € |
Enkel (wenn die Eltern, also Kinder des Erblassers, nicht verstorben sind) | 200.000 € |
übrige Personen der Steuerklasse I | 100.000 € |
Personen der Steuerklassen II und III | 20.000 € |
Es werden alle Zuwendungen (Schenkungen und Erbschaften), die der Empfänger von einer Person innerhalb von zehn Jahren erhalten hat zu einer Zuwendung zusammengezogen. Erhält beispielsweise ein Kind fünf Jahre vor dem Tod des Vaters von ihm 250.000 Euro geschenkt und erbt dann noch eine Immobilie im Wert von 200.000 Euro, muss es dann doch 50.000 Euro versteuern.
Außerdem gilt für den überlebenden Ehepartner beziehungsweise eingetragenen Lebenspartner und für Kinder bis zum vollendeten 27. Lebensjahr ein zusätzlicher Versorgungsfreibetrag. Dabei sind aber folgende Punkte zu beachten:
Der maximale Versorgungsfreibetrag beläuft sich auf
Anspruchsberechtigte | Höhe des Versorgungsfreibetrags |
---|---|
Ehepartner oder eingetragener Lebenspartner des Erblassers | 256.000 € |
Kinder des Erblassers bis zum Alter von 5 Jahren | 52.000 € |
Kinder des Erblassers die älter als 5 aber maximal 10 Jahre alt sind | 41.000 € |
Kinder des Erblassers die älter als 10 aber maximal 15 Jahre alt sind | 30.700 € |
Kinder des Erblassers die älter als 15 aber maximal 20 Jahre alt sind | 20.500 € |
Kinder des Erblassers die älter als 20 aber maximal 27 Jahre alt sind | 10.300 € |
Wie hoch ist der Steuersatz?
Die zuvor genannten Freibeträge werden von dem Erbe beziehungsweise – soweit zulässig – von der Schenkung abgezogen. Der Rest muss dann versteuert werden. Dabei richtet sich der Steuersatz nach der Steuerklasse, dem der Erbende beziehungsweise Beschenkte angehört und der Höhe des Erbes beziehungsweise der Schenkung.
Höhe der zu versteuernden Erbschaft /Schenkung bis | Steuersatz in Steuerklasse (in %) | ||
---|---|---|---|
I | II | III | |
75.000 € | 7 | 15 | 30 |
300.000 € | 11 | 20 | 30 |
600.000 € | 15 | 25 | 30 |
6.000.000 € | 19 | 30 | 30 |
13.000.000 € | 23 | 35 | 50 |
26.000.000 € | 27 | 40 | 50 |
über 26.000.000 € | 30 | 43 | 50 |
Den Härteausgleich nicht übersehen!
Nach der Tabelle der Steuersätze wäre beispielsweise ein zu versteuerndes Erbe von 100.000 Euro in der Klasse I mit 11 % zu versteuern. Aber auch eine Schenkung von 75.500 Euro müsste insgesamt mit 11 % versteuert werden. Hierin sieht der Fiskus eine Härte. Darum gilt für geringfügige Überschreitungen eine Härteregel. Dabei wird nicht die gesamte Summe mit dem höheren Steuersatz belegt sondern nur die Hälfte des den niedrigeren Satz übersteigenden Betrags. In unserem Fall würden also 75.000 Euro mit 7 % versteuert und 250 Euro (die Hälfte des übersteigenden Betrages) mit 11 %. Die Härteklausel kann bis zu bestimmten Beträgen in Anspruch genommen werden:
Laut Steuertabelle maximaler Betrag | Härteausgleich möglich bis | ||
---|---|---|---|
Steuerklasse | I | II | III |
75.000 € | 82.600 € | 87.400 € | |
300.000 € | 334.200 € | 359.900 € | |
600.000 € | 677.400 € | 749.900 € | |
6.000.000 € | 6.888.800 € | 6.749.900 € | 10.799.900 € |
13.000.000 € | 15.260.800 | 14.857.100 € | |
26.000.000 € | 29.899.900 | 28.437.400 € |
Seit 2009 wurde die Bewertung von Grundstücken (und damit auch die Bewertung der darauf befindlichen Immobilien) grundlegen geändert. Der steuerliche Wert eines Grundstücks wird vom Finanzamt, in dessen Wirkungskreis sich das Grundstück befindet, in einem Feststellungsbescheid festgelegt. Sind Sie mit der Feststellung des Finanzamt nicht einverstanden, müssen Sie gegen den Feststellungsbescheid Widerspruch einlegen.
Der Feststellungsbescheid ist für die Berechnungsstelle des Finanzamts für Schenkungssteuer und Erbschaftssteuer bindend. Wird der Feststellungsbescheid geändert, müssen auch die Bescheid über Schenkungs- und Erbschaftssteuer geändert werden.
Die Wertfeststellung beruht zunächst auf dem amtlichen Bodenrichtwert, der von Gutachterausschüssen ermittelt wird. Die Ausschüsse richten sich dabei nach dem Baugesetzbuch. Die Gutachterausschüsse finden Sie in allen größeren Kommunen oder bei den für Sie zuständigen Kreisverwaltungen.
Dabei ist zu beachten, dass es sich bei den Bodenrichtwerten um Durchschnittswerte handelt, die ungefähr gleiche Voraussetzungen bezüglich der Nutzung und der Lage haben. Entsprechend werden die Werte vom Finanzamt dem jeweiligen Grundstück durch Zu- oder Abschläge angepasst.
Ist der im Feststellungsbescheid festgestellte Wert höher als der Verkehrswert (also der Wert, der bei einem Verkauf normalerweise erzielt würde), muss der Verkehrswert zugrunde gelegt werden. Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt der Schenkung beziehungsweise des Todes des Erblassers. Die Sache hat allerdings einen Haken: Sie müssen nachweisen, dass der Verkehrswert niedriger ist und hierfür von einem Sachverständigen oder vom zuständigen Gutachterausschuss erstellen lassen. Die dabei entstehenden Kosten müssen Sie tragen.
Bei einem unbebauten Grundstück wird der Bodenwert nach der Richtwertkarte des Gutachterausschusses zugrunde gelegt. Zu- und Abschläge aufgrund des individuellen Zustands des Grundstücks sind dabei möglich.
Beispiel: Ein unbebautes Grundstück von 1.000 m² soll verschenkt werden. Nach der Richtwertkarte des Gutachterausschusses beläuft sich der Bodenwert für das Grundstück auf 380 Euro pro Quadratmeter. Zu- oder Abschläge werden nicht vorgenommen. Damit wären in diesem Fall bei der Schenkung 380.000 Euro zu versteuern.
Die Berechnung des Wertes eines Mietshauses ist äußerst kompliziert. Wir empfehlen Ihnen hier von vorneherein Kontakt mit einem Fachmann (z. B. Gutachter) aufzunehmen. Ein Gutachten werden Sie sowieso benötigen, wenn Sie gegen den Feststellungsbescheid des Finanzamts vorgehen wollen. Wir wollen Ihnen das Verfahren an dieser Stelle aber ebenfalls vorstellen.
Beispiel: Eine Mietimmobilie, Baujahr 1990, mit 4 Mieteinheiten soll verschenkt werden. Die Immobilie befindet sich auf einem 600 m² großen Grundstück, das laut Richtwertkarte des Gutachterausschusses einen Wert von 200 Euro pro m² hat.
1 | Bodenwertermittlung: 600 € x 200 m² = | 120.000 € |
2 | Rohertrag auf Basis der Nettokaltmiete: 400 € pro Mieteinheit und Monat = 400 € x 4 = 1.600 € x 12 = | 19.200 € |
3 | Reinertragsermittlung: Rohertrag (siehe 2) abzüglich pauschaler Bewirtschaftungskosten nach Anlage 23 zum BewG: 21 % = | -4.032 € |
Ergibt einen Reinertrag von = | 15.168 € | |
4 | Gebäudeertrag: Reinertrag (siehe 3) abzüglich Bodenwertverzinsung nach § 188 Abs. 2 BewG = 5 % von 120.000 (siehe 1) = | 6.000 € |
Ergibt einen Gebäudeertrag von = | 9.168 € | |
5 | Der Gebäudeertrag wird mit dem Wert für eine Mietimmobilie mit einer Restnutzzeit von 60 Jahren und einer Bodenwertverzinsung von 5 % nach Anlage 21 zum BewG mit 18,93 multipliziert, also 18,93 x 9168 = | 173.550 € |
6 | Zu diesem Wert wird der Grundstückswert (siehe 1) addiert = | 293.550 € |
In den vorgenannten Beispielen sind wir von mehr oder weniger „problemlosen“ Fällen ausgegangen. Es gibt aber noch eine ganze Reihe von Bewertungsfaktoren, die zu berücksichtigen sind. Hier kommt man ohne Hilfe eines Fachmanns nicht aus.
Zu den zu berücksichtigenden Bewertungsfaktoren gehören beispielsweise:
– Einräumung von Nießbrauch
– Einräumung eines Wohnrechtes auf Zeit oder lebenslang
– Rentenzahlung aufgrund einer Schenkung